Teleskop < Astronomie < Naturwiss. < Vorhilfe
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 22:14 Fr 24.07.2009 | Autor: | ANTONIO |
Aufgabe | Kann man mit einem extrem leistungsfähigen Teleskop tatsächlich 13 Milliarden Jahre "zurückblicken" ? |
Hallo,
in einem Fernsehbeitrag sagte gerade ein Astronom anläßlich der Eröffnung eines neuen Spiegelteleskops auf den kanarischen Inseln, daß er damit an den Anfang des Universum, 13 Milliarden Jahre zurückblicken wolle. Ist das nicht unlogisch ? Wenn das Universum etwa 13,7 Milliarden Jahre alt ist und seitdem expandiert, müssten Sterne und Galaxien, die damals entstanden sind relativ "zentrumsnah" entstanden sein und das Licht von dort müßte doch längst weiter weg emittiert sein, als die Entfernung zwischen der Erde heute und dem damaligen Zentrum des Universums.
Viele Grüße
Antonio
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 12:55 Sa 25.07.2009 | Autor: | leduart |
Hallo
Erstmal sind deine Bemerkungen wenn man so richtig klassische Physik macht richtig.
Du kannst unsere Sonne jetzt nur in ihrer Vergangenheit vor ca 500s sehen, unseren naechsten Fixstern in seiner 4 Jahre Vergangenheit usw. das Licht, was er vor 5 jahren ausgesandt hat koennen wir heute nicht mehr sehen.
Solche Betrachtungen gelten fuer unsere nahe Umgebung, wobei wegen der Relativitaetstheorie es dabei schon nicht ganz unproblematisch ist von "der" Entfernung bzw "der" Zeit zu sprechen.
Ich weiss nicht, ob du etwa weisst, dass schon die Uhren in Satteliten, die um die Erde kreisen "langsamer" gehen, als unsere hier unten, Eine Uhr auf dem Merkur laeuft anders, als eine bei uns, usw. d.h. Zeit ist ein relativer Begriff.
Die Astronomen haben jetzt ein "Modell" von unserem Universum, das 1. nur eine Vereinfachung der Wirklichkeit ist, wie jedes Modell, aber es beruht stark auf Relativitaetstheorie, die sehr unanschaulich ist.
Das einzige, was man mit dem Teleskop von sehr weit entfernten Objekten beobachten kann ist die sog. "Rotverschiebung" der Spektrallinien. Aus denen rechnet man dann aus, zu welcher "Zeit" unseres Universums das Licht entstanden sein muss. Da sich seither nach dem Modell das Universum ausgedehnt hat, ist die "Dichte" kleiner geworden, und diese Dichte bestimmt die Zeit. Licht , das im dichteren U. ausgesandt wurde, hat im weniger dichten eine kleinere Energie, ist also roter.
Entfernungsmessung ist etwas noch kritischeres in der allgemeinen relTh.
eigentlich spricht man von Entfernung nur von 2 Objekten, die gleichzeitig sind. Um die Entfernung zu messen, kann man nicht an den beiden Orten gleichzeitig sein, also misst man Laufzeiten von Lichtsignalen, und da die Uhren ja verschieden gehen, ist schon die Laufzeit von Merkur zu uns und die von uns zu Merkur verschieden.
Die 13 Milliarden Jahre in der Vergangenheit also in eine Entfernung von genausoviel Lichtjahren umzurechnen, die die Erde (falls sie schon existierte) und das beobachtete Objekt bei der Aussendung des Lichts hatten ist so nicht moeglich. sicher ist, dass sie damals nicht 13 Milliarden Jahre auseinander waren, und das heute nicht sind, weil damals andere Zeiten galten und das U. inzwischen weniger dicht geworden ist, und weil man "Entfernung" zwischen Objekten von heute und gestern nicht messen kann.
Was der Astronom also mit seiner Aussage gemeint hat und fuer Laien in "13 Milliarden in die Vergangenheit" uebersetzt hat heisst: Wir koennen Objekte beobachten, die Licht ausgesandt haben zu einer Zeit, als das Universum - nach unserem momentanen Modell- soviel dichter war wie vor 13 M. Jahren.
Nicht sehr zufriedenstellend aber ohne tief in spezielle und allgemeine Relativitaetstheorie einzudringen, kann ichs nicht besser erklaeren, deshal benutzen auch Astronomen vor Laienpublikum diese vereinfachten Darstellungen. Unter Kollegen wuerden sie etwa sagen: wir koennen jetzt auch Objekte mit einem Rotverschiebungsfaktor 5.5 beobachten. (die 5.5 hab ich nicht nachgeprueft, sind also nicht die offizielle Zahl))
Ich hoffe ich hab dich nicht masslos ueberfordert.
Gruss leduart
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:26 Sa 25.07.2009 | Autor: | ANTONIO |
Hallo Leduart,
ich finde es sehr beeindruckend wie ausführlich Du mir geantwortet hast. Vielen Dank. Ich werde mir Deine Antwort ausdrucken. Auch wenn mir nicht alles klar ist, ist sie mir auch nicht ganz unverständlich. Ein bisschen was über Relativitätstheorie und Astronomie auf Laienniveau habe ich gelesen (schon etwas her). Falls Du noch Lust hast einen Punkt etwas zu erklären, würde mich interessieren, warum in einem expandierenden Universum die Dichte die Zeit bestimmt. Hat das mit E = [mm] m*c^2 [/mm] zu tun? Ich dachte die Geschwindigkeit eines Körpers im Raum bestimmt seinen Zeitablauf.
Freundliche Grüße
Antonio
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:57 Sa 25.07.2009 | Autor: | leduart |
Hallo
Die Materie im Universum ist relativ gleichmaessig verteilt, wenn man ein Modell macht spricht man von "Staub" weil man zwar lokal massenanhaeufungen trifft (Galsxien) aber diese Staubkoernchen sind recht gleichmaesig verteilt. Wenn das U. expandiert, wird die Dichte des staubes kleiner, der Energieinhalt pro Volumen damit auch. Und damit auch die Energie der elektromagnetischen Wellen +Licht. Weniger Energie= kleinere frequenz= groessere Welenlaenge. In der speziellen Rel. Th. kann man das nicht mehr beschreiben, da fuehrt man die Rotverschiebung auf relative Bewegung und den Dopplereffekt zurueck. Zur Beschreibung des U> braucht man aber die allgemeine RelTh. die z.Bsp. vorhersagt, dass Uhren in verschieden starken Gravitationsfeldern verschieden gehen. Dass das Realitaet ist kann man an den GPS Satelliten deutlich beobachten, die Uhren gehen langsamer als auf der erde, und dabei ist der Effekt, dass sie sich rel. zu uns bewegen der kleinere Effekt.
Die momentane Dichte des U. gibt eine Zeitskala vor, wenn man also weiss, wie stark die Dichte des Universums sich geaendert hat, seit ein Lichtsignal emmitiert wurde, wieviel energieaermer es geworden ist, weiss man zu welcher Zeit es ausgesandt wurde, (wobei das mit der Zeit eben unsere Zeit ist, von der wir annehmen dass sie etwa immer dieselbe ist)
Diese Zeit dann in entfernung umzurechnen ist eigentlich nicht zulaessig, wird aber oft gemacht.
Gruss leduart
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:39 So 26.07.2009 | Autor: | ANTONIO |
Hallo leduart,
vielen Dank, ich kann das soweit nachvollziehen.
Grüße
Antonio
|
|
|
|