Staat und Kirche < Religion < Geisteswiss. < Vorhilfe
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Hi,
könnt ihr mir bei der Frage: Was haben Staat und Kirche heute noch für Gemeinsamkeiten, helfen?
Dankeschön!
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 17:18 Mi 13.06.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Chrissi,
Seit dem 3. Oktober 1990 hat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland von 1949 Geltung für Gesamtdeutschland. Dieses Grundgesetz hat im Artikel 140 die Religionsartikel 136 bis 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 mit ihren Prinzipien allgemeine Religionsfreiheit, keine Staatskirche übernommen. Das Grundrecht der Religionsfreiheit ist unter Fortlassung des Artikels 135 der Weimarer Verfassung neu formuliert und im Artikel 4 als unabänderliches Grundrecht herausgestellt worden.
Damit gilt für Gesamtdeutschland, was die Weimarer Verfassung konstituierte: ein hinkendes Trennungssystem, denn die etablierten Großkirchen, die auch durch Verträge privilegiert worden sind, genießen Sonderrechte. Ihr öffentlich-rechtlicher Status erlaubt ihnen u. a. Ämterhoheit (eigenständiges Dienst- und Beamtenrecht) und selbständige Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes: eine Autonomie, deren Ausdehnung durch die Kirchen umstritten, teils durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts markiert worden ist. Die Privilegierung der christlichen Großkirchen ist durch ein System von Rechtsgrundlagen abgestützt; Grundlagen sind die Grundgesetzbestimmungen, Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen, bestimmte Religions- und Kirchenartikel in Länderverfassungen, die einschlägige Ländergesetzgebung sowie Staat-Kirchen-Verträge. Die staatliche Kirchenförderung in der Bundesrepublik erscheint insgesamt als eine äußerst konturenreiche Landschaft mit äußerst günstigen staatlich-rechtlichen Lebensbedingungen für die Kirchen günstig, wie wohl in keinem anderen Land sonst (Heiner Marre). Die hierbei eröffneten Finanzquellen sind:
1. Staatsleistungen,
2. indirekte staatliche Förderung kirchlicher Einnahmen,
3. staatliche Subventionierung des kirchlichen Einsatzes im Sozial- und Kulturbereich (sozial-karitative Betätigung der Kirchen; freie Schulen in kirchlicher Trägerschaft; kirchliches Hochschulwesen; kirchliche Erwachsenen- oder Weiterbildung und kirchliche Akademien; Staatsaufwendungen für den im Grundgesetz (Art. 7) zugesicherten Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, für theologische Lehrstühle und Fakultäten an Staatsuniversitäten, für die Seelsorge in Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und für die Anstaltsseelsorge),
4. staatliche Kirchensteuereinziehung.
Die Anwendung des westdeutschen Kirchensteuermodells auf die neuen Bundesländer hat nach 1990 wiederum eine kritische Diskussion über die Kirchenfinanzierung herbeigeführt und damit zugleich eine Grundsatzdiskussion über die Vor- und Nachteile einer derart engen Kooperation von Staat und kirchlichen Gemeinschaften.
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Viele Grüße
Josef
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:52 Mi 13.06.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Chrissi,
Staat und Kirche,
Kurzformel zur Bezeichnung des Verhältnisses von Staat und Kirche in seinen theologischen, historischen und juristischen Aspekten: theologisch für das Verhältnis der Träger zweier unterschiedlicher, von Gott gegebener »Gewalten«, historisch für das Verhältnis von Staat und Kirche als geschichtlich gewachsenen und vielfältig aufeinander bezogenen Größen, juristisch für die im Rahmen der gegenseitigen Interessenwahrnehmung zwischen beiden bestehenden Rechtsbeziehungen.
In Deutschland bildet der Artikel 140 GG in Verbindung mit den Artikeln 136139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung die Grundlage ihrer gegenseitigen Beziehungen. Bei beiderseitiger Anerkennung des Prinzips der Trennung von Staat und Kirche garantiert der zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität verpflichtete Staat den Kirchen die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und die Kultusfreiheit; die Kirchen sind außerhalb ihres unmittelbar religiösen Wirkens an die für alle geltenden staatlichen Gesetze gebunden. Die gegenseitigen Beziehungen in Bereichen, in denen sich Aufgaben des Staates mit Interessen der Kirchen berühren, werden im Rahmen des Staatskirchenrechts geregelt: mit der katholischen Kirche in Konkordaten, mit den evangelischen (Landes-)Kirchen in Kirchenverträgen.
Bedeutende Versuche, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche theologisch zu bestimmen, waren in der lateinischen Kirche die mittelalterliche Zweischwerterlehre, in der griechischen (orthodoxen) Kirche die Theorie der »Symphonie« von Staat und Kirche, der von Gott verfügten Vereinigung der höchsten weltlichen und geistlichen Macht in der Hand des christlichen Kaisers (Cäsaropapismus).Trennung von Staat und Kirche.
© Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2001
Viele Grüße
Josef
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Hi,
die Frage ist ein bichen seltsam (und welche Antwort die Encarta-Artikel darauf enthalten (sollen), weiss ich auch nicht so genau). Ich meine, Staat und (eine der großen Volks-)Kirche(n) haben natürlich eine Menge Gemeinsamkeiten, sozusagen "von Natur aus"; was also soll mir das "noch" sagen? Mal ganz abgesehen davon, daß "Kirche" nicht eindeutig ist - geht es um Freikirchen, um die russische Orthodoxie oder das römisch-katholische "Weltreich"?
Für mehr oder weniger alle Kirchen gilt mW, daß sie - ebenso wie so ziemlich jeder Staat - vornehmlich Menschen als Mitglieder haben, eine interne Hierarchie aufweisen und irgendwie versuchen müssen, mit ihren Finanzen umzugehen. Aber die Detais variieren enorm. Es gibt kleine Freikirchen, in denen alle Mitglieder Geld zusammensuchen, wenn die Gemeinde welches braucht; und auf der anderen Seite steht das deutsche System der Kirchensteuer. Es gibt Gemeinden, in denen die Hierarchie extrem flach ist (quasi nur "Vollmitglieder" und "Aufnahmewillige" kennt, aber ansonsten versucht, keinerlei Über- und Unterordnung zuzulassen); andererseits gibt es das komplexe Hierarchiengeflecht der römisch-katholischen Kirche. Es gibt Gemeinden, die vom Staat nicht bemerkt werden dürfen ( christliche Gemeinden in Pakistan, Indonesien, China und anderen Ländern) und andere, die sehr eng an einen Staat angebunden sind, wie die anglikanische Kirche, die dem englischen Staatsoberhaupt untersteht.
Die großen Kirchen haben über anderes hinaus noch den Anspruch, Menschen in ihren jeweiligen Lebenslagen hilfreich beiseitezustehen, was de Staat andererseits auch tut - so gibt es jeweils staatliche und kirchliche Kindergärten, Kliniken, Schulen uvm.
Wenn das alles Deien Frage noch nicht trifft, müsstest Du nochmal erklären, worauf die Fragestellung genau zielt.
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