Charakteristische Funktion < Wahrscheinlichkeitstheorie < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Hallo zusammen,
ich möchte gerne die Charakteristische Funktion der Cauchyverteilung ausrechnen.
[mm]\varphi_{C}(z)=&\mathbb{E}\left[e^{izC}\right]=\underset{-\infty}{\overset{\infty}{\int}}\frac{1}{\pi}\cdot\frac{s}{s^{2}+(x-t)^{2}}\cdot e^{izx}\, dx[/mm]
Intuitiv würde ich jetzt hier mit dem Residuensatz weitermachen, aber für uneigentliche Integrale kenne ich nur die Version mit gebrochen rationalen Funktionen und der Nenner-Grad ist mindestens 2 größer als der Zählergrad (was hier ja fast funktionieren könnte..). Wie kann ich denn hier Argumentieren dass ich den Grenzwert vertauchern kann? Absolute Konvergenz geht ja nicht.
Hat jemand den oder die nächsten Schritte?
Danke schonmal!
lg Kai
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:25 Sa 12.03.2011 | Autor: | Walde |
Hi kuemmelsche,
ich weiss nicht welchen Grenzwert du vertauschen willst, aber mit dem Residuensatz gehts denke ich schon.
Zum Vergleich für dich:
Bei mir in der FT Vorlesung geht man so vor: Falls das Integral überhaupt existiert (und das wissen wir), gilt [mm] \integral_{-\infty}^{\infty}{f(x) dx}=2\pi*i*\summe_{j=1}^{n}Res(f;p_j), [/mm] wobei [mm] p_j [/mm] nur die Postellen in der oberen Halbebene (Imaginärteil>0) sind und Res(f;p) ist das Residuum von f in p.
Der Integrand hat ja 2 komplexe Polstellen [mm] p_1 [/mm] und [mm] p_2 [/mm] und ist ansonsten holomorph. Nur eine davon liegt in der oberen Halbebene.
Man braucht also nur noch das Residuum und auch da gibts einen schönen Satz. Gekürzt geht er so:
Hat f in einem Gebiet einen einfachen Pol p und ist ansonsten holomorph, so gilt [mm] Res(f;p)=\limes_{x\to p}(x-p)f(x).
[/mm]
Probiers mal aus.
LG walde
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Ich hatte den Satz auch, genau diesen, aber mit der Einschränkung dass $f$ eine gebrochenrationale Funktion [mm]f=\frac{p}{q}[/mm] und [mm]\deg p + 2 \leq \deg q[/mm]. Mit dem Granzwert Vertauchen meine ich die e-Funktion als Summe darzustellen und dann Summe und Integral zu vertauschen! Dann hätte ich genau den obigen Fall erzeugt.
Geht dieser Satz denn auch ohne diese Einschränkungen?
lg Kai
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:20 Mo 14.03.2011 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:55 Sa 12.03.2011 | Autor: | felixf |
Moin,
> Bei mir in der FT Vorlesung geht man so vor: Falls das
> Integral überhaupt existiert (und das wissen wir), gilt
> [mm]\integral_{-\infty}^{\infty}{f(x) dx}=2\pi*i*\summe_{j=1}^{n}Res(f;p_j),[/mm]
> wobei [mm]p_j[/mm] nur die Postellen in der oberen Halbebene
> (Imaginärteil>0) sind und Res(f;p) ist das Residuum von f
> in p.
das stimmt aber i.A. so nicht. Dazu benoetigt man, dass das Integral von $-R$ bis $R$ ueber einen Halbkreis (mit Mittelpunkt 0) fuer $R [mm] \to \infty$ [/mm] gegen 0 geht.
Dies folgt etwa mit den zusaetzlichen Bedingungen, die Kai beschrieben hat ($f = p/q$ gebrochenrational mit [mm] $\deg [/mm] p - [mm] \deg [/mm] q [mm] \le [/mm] -2$).
Wenn man etwa den Integrand in $|x|$ so beschraenken kann, dass die Schranke fuer $|x| [mm] \to \infty$ [/mm] schnell genug gegen 0 geht, dann ist das der Fall. Das ist hier beim Faktor [mm] $\frac{s}{\pi (s^2 + (x - t)^2)}$ [/mm] offensichtlich der Fall jedoch kann [mm] $e^{i x z}$ [/mm] fuer $|x| [mm] \to \infty$ [/mm] sehr gross werden, falls $z [mm] \neq [/mm] 0$ ist.
Mit dem Residuensatz kommt man (auf diese Weise) also nur fuer $z = 0$ weiter.
LG Felix
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Aber warum steht dann in einigen Stochastikbüchern (z.B. Klenke), dass die Charakterisitsche Funktion der Cauchy-Verteilung einfach aus dem Residuensatz folgt?
Ich hab das mal mit dem Residuensatz versucht (naiv, als wären alle Bedingungen erfüllt) und ich komme fast auf das richtige, aber woher kommt denn der Betrag bei dem Argument her?
Ich komme auf [mm] $\varphi(z)=e^{itz-sz}$ [/mm] und in Büchern steht immer [mm] $\varphi(z)=e^{itz-s|z|}$.
[/mm]
Die Rechnung dazu für die Polstellen [mm] $x_1$ [/mm] und [mm] $x_2$:
[/mm]
[mm] $\underset{-\infty}{\overset{\infty}{\int}}\frac{1}{\pi}\cdot\frac{s}{s^{2}+(x-t)^{2}}\cdot e^{izx}\, dx&=&2\pi i\cdot\text{Res}\, f(x,x_{1})=2\pi i\cdot\lim_{x\to x_{1}}\left(x-x_{1}\right)f\left(x\right)\\&=&2\pi i\cdot\lim_{x\to x_{1}}\left(x-x_{1}\right)\frac{1}{\pi}\cdot\frac{s}{\left(x-x_{1}\right)\left(x-x_{2}\right)}\cdot e^{izx}\\&=&2\pi i\cdot\lim_{x\to x_{1}}\frac{1}{\pi}\cdot\frac{s}{\left(x-x_{2}\right)}\cdot e^{izx}\\&=&2\pi i\cdot\frac{1}{\pi}\cdot\frac{s}{\left(x_{1}-x_{2}\right)}\cdot e^{izx_{1}}=e^{izx_{1}}\\&=&e^{itz-sz}.$
[/mm]
lg Kai
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(Antwort) fertig | Datum: | 00:28 So 13.03.2011 | Autor: | felixf |
Moin!
> Aber warum steht dann in einigen Stochastikbüchern (z.B.
> Klenke), dass die Charakterisitsche Funktion der
> Cauchy-Verteilung einfach aus dem Residuensatz folgt?
Siehe meine Korrektur: fuer $t [mm] \ge [/mm] 0$ oder $t [mm] \le [/mm] 0$ geht es schon, wenn man jeweils den richtigen Halbkreis waehlt. Man muss halt den Halbkreis nehmen, so dass das Integral auf dem Halbkreis fuer $|t| [mm] \to \infty$ [/mm] gegen 0 geht.
> Ich hab das mal mit dem Residuensatz versucht (naiv, als
> wären alle Bedingungen erfüllt) und ich komme fast auf
> das richtige, aber woher kommt denn der Betrag bei dem
> Argument her?
Das Argument funktioniert nur fuer $t [mm] \ge [/mm] 0$, da ansonsten das andere Integral nicht gegen 0 geht. Das musst du schon explizit anschauen! Du kannst es nicht einfach ignorieren!
> Ich komme auf [mm]\varphi(z)=e^{itz-sz}[/mm] und in Büchern steht
> immer [mm]\varphi(z)=e^{itz-s|z|}[/mm].
Das liegt daran weil deine Rechnung nur fuer $z [mm] \ge [/mm] 0$ stimmt. Fuer $z < 0$ musst du einen anderen Halbkreis (und damit das andere Residuum) nehmen.
LG Felix
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Erstmal vielen Dank für die Antwort!
Ich hab noch nicht ganz verstanden wie das mit den Halbkreisen gemeint ist...
[mm] $e^{izx}$ [/mm] ist doch immer beschränkt, durch 1. Und der Vorfaktor geht schnell gegen Null für [mm] $|x|\to\infty$. [/mm]
Ich verstehe noch nicht so ganz was mit dem richtigen Halbkreis gemeint ist. Sry meine Funktionentheorie-Kenntnisse sind scheinbar leider ein wenig eingerostet.
lg Kai
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(Antwort) fertig | Datum: | 02:23 So 13.03.2011 | Autor: | felixf |
Moin!
> Erstmal vielen Dank für die Antwort!
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> Ich hab noch nicht ganz verstanden wie das mit den
> Halbkreisen gemeint ist...
Na, du kannst einen Halbkreis "obenrum" machen oder einen "untenrum". Je nachdem welchen du nimmst liegt ein anderes der beiden Residuen drinnen.
> [mm]e^{izx}[/mm] ist doch immer beschränkt, durch 1. Und der
> Vorfaktor geht schnell gegen Null für [mm]|x|\to\infty[/mm].
Naja, fuer $z = 1$ und $x = -10i$ ist z.B. [mm] $e^{i z x} [/mm] = [mm] e^{10}$, [/mm] und das ist wesentlich groesser als 1!
Solange [mm] $\Im(z [/mm] x) [mm] \le [/mm] 0$ ist hast du Recht. Sonst aber eben nicht.
> Ich verstehe noch nicht so ganz was mit dem richtigen
> Halbkreis gemeint ist. Sry meine
Auf der Seite der englischen Wikipedia zum Residuensatz kannst du drei Grafiken sehen: die zweite ist der Halbkreis "obenrum", die dritte der Halbkreis "untenrum".
LG Felix
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 00:26 So 13.03.2011 | Autor: | felixf |
Moin,
> Wenn man etwa den Integrand in [mm]|x|[/mm] so beschraenken kann,
> dass die Schranke fuer [mm]|x| \to \infty[/mm] schnell genug gegen 0
> geht, dann ist das der Fall. Das ist hier beim Faktor
> [mm]\frac{s}{\pi (s^2 + (x - t)^2)}[/mm] offensichtlich der Fall
> jedoch kann [mm]e^{i x z}[/mm] fuer [mm]|x| \to \infty[/mm] sehr gross
> werden, falls [mm]z \neq 0[/mm] ist.
wenn man sich hier auf einen "passenden" Halbkreis beschraenkt, funktioniert es fuer $z [mm] \ge [/mm] 0$ bzw. $z [mm] \le [/mm] 0$ schon. Fuer beliebiges komplexes $z$ hingegen bekommt man ein Problem, und die Faelle $z > 0$ und $z < 0$ benoetigen jeweils einen anderen Halbkreis.
> Mit dem Residuensatz kommt man (auf diese Weise) also nur
> fuer [mm]z = 0[/mm] weiter.
Mit der Korrektur geht es nur fuer $z [mm] \in \IR$.
[/mm]
LG Felix
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Die Charakteristische Funktion ist doch nur für [mm] $z\in\mathbb{R}$ [/mm] definiert, oder nicht?!
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 02:25 So 13.03.2011 | Autor: | felixf |
Moin,
> Die Charakteristische Funktion ist doch nur für
> [mm]z\in\mathbb{R}[/mm] definiert, oder nicht?!
stimmt, die Stochastiker machen das ja. Bei der Definition ist das erstmal nicht so klar, da in der Definition komplexe Zahlen auftauchen und du nicht hingeschrieben hast dass $z [mm] \in \IR$ [/mm] sein soll.
Wenn man komplexe $z$ einsetzt, bekommt man eine Linearkombination von charakteristischer Funktion und momenterzeugenden Funktion. Die momenterzeugende Funktion existiert bei der Cauchy-Verteilung jedoch nicht, was erklaert warum man hier das Integral nur fuer reelle $z$ existiert.
LG Felix
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