Ausfallerwartung/Expected Loss < Finanzmathematik < Finanz+Versicherung < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Hallo, in der Literatur und bei Übungen, habe ich gelesen, dass die höhere Ausfallerwartung vorteilhaft ist. Das kann ich nicht verstehen.
Also
Ausfallwahrscheinlichkeit*(Renditeerwartung(oder Mindestrendite) - Rendite)
z.B.
100 (7%-5%)= 2%
100(7%-3%)= 4%
Ich verstehe nicht, wieso die 3% schlechter sind als 5%
Vielleicht könnte mir jemand das erklären?
Danke
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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Das Zahlenbeispiel habe ich nicht ganz verstanden, aber ich versuche es mal.
Da es um Ausfallwahrscheinlichkeiten geht, denke ich es sind Kredite gemeint. Betrachtet man eine Verlustverteilung für ein Kreditportfolio, ist das Risiko das was rechts vom Erwartungswert liegt. Verschiebt sich der Erwartungswert nach rechts (höhere Ausfallerwartung), wird der Unsicherheitsbereich rechts davon kleiner - also auch das Risiko.
Ist die Ausfallrate 100 % im Extremfall, besteht quasi überhaupt kein Risiko mehr. Bei 1 % Ausfallrate gibt es - wenn auch zunehmend geringe - noch Wahrscheinlichkeiten, dass die übrigen bis zu 99 % auch ausfallen.
Gruß
Markus
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 14:12 Di 16.08.2005 | Autor: | Julius |
Hallo!
Noch einmal zu deinem Zahlenbeispiel:
Allgemein gilt für den "expected loss" (EL):
$EL = PD [mm] \cdot [/mm] E(L|D)$,
wobei $PD$ die "probability of default" (also die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner den Kredit nicht zurückzahlen kann) und $E(L|D)$ der "loss given default" (also der erwartete Verlust, welcher der Bank ensteht, wenn der Schuldner den Kredit nicht zurückzahlen kann) darstellen.
Bei gleichem $PD$ enscheidet also der "loss given default" über den "expected loss". Und hier ist es so, dass dieser in deinem Beispiel natürlich höher ist, je weiter die tatsächlich erzielte Rendite zum Status Quo von der erwarteten Rendite abweicht.
Oder habe ich das Beispiel falsch verstanden?
Die generelle Erklärung über das Phänomen, dass eine hohe Ausfallerwartung ein niedrigeres Risiko impliziert, hat dir Markus sehr schön erklärt.
Viele Grüße
Julius
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Danke
Ich möchte wieder zwei Ausfallerwartungen vergleichen
EL = PD*LGD*EAD (Exposure At Default)
z.B.
1.
EAD = 100 (Der Kreditnehmer muss an den Kreditgeber 100 Euro zurückzahlen)
LGD = 9 / 10 (Der Kreditnehmer kann nur ein Zehntel von 100 zurückzahlen)
PD = mit der Wahrscheinlichkeit 50 %
2.
EAD = 100 (Der Kreditnehmer muss 100 Euro zurückzahlen)
LGD = 6/10 (Der Kreditnehmer kann nur ein Vierteil von 100 zurückzahlen)
PD = mit der Wahrscheinlichkeit 50 %
Je weniger der Kreditgeber zurückbekommt, desto höher ist die Ausfallerwartung und desto niedriger das Risiko?
Für mich sieht es so aus, dass der Kreditgeber bei der höheren Ausfallerwartung dem Risiko mehr ausgesetzt ist, als bei der niedrigeren
Ich glaube, dass es irgendwie ein Denkfehler bei mir ist. Könnte jemand mir bitte sagen, was ich falsch mache?
Danke
Pavel
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>LGD = 6/10 (Der Kreditnehmer kann nur ein Vierteil von 100 zurückzahlen)
Ich denke du meinst hier 5/20 (75% LGD)
Dein Problem liegt in der Definition des Risikobegriffs.
>Für mich sieht es so aus, dass der Kreditgeber bei der höheren >Ausfallerwartung dem Risiko mehr ausgesetzt ist, als bei der niedrigeren
Dein EL ist unterbewusst immer noch 0 . Dies ist aber höchstens der "erhoffte Wert" (Chance). Natürlich will der Kreditgeber sein Geld zurück, aber auf Sicht aller Kreditnehmer hat der dieses Geld schon gedanklich "abgeschrieben". Gut wenn´s besser kommt (Chance) - was hier aber eben nicht Thema ist. Der EL ist also bildlich schon "versenkt".
Risiko ist nun das was darüber hinaus noch verloren werden kann. Mit einem Kreditnehmer ist das aber schwer erklärbar, zumal hier eigentlich von einem Protfoliorisiko nicht die Rede sein kann. Überlege dir mal die Verlustverteilung (über Binomialmodell) für 10 gleiche Kredite. Dann widr´s vielleicht klarer.
Gruß
Markus
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>Überlege dir mal die Verlustverteilung (über Binomialmodell) für 10 gleiche >Kredite.
Danke sehr für den Tipp.
>Ich denke du meinst hier 5/20 (75% LGD)
Ja, ich meinte natürlich 3/4.
Ich möchte dann fragen, um sicher zu sein.
Ist die niedrigere Ausfallwahrscheinlichkeit vorteilhaft?
Ist die niedrigere Ausfallvarianz vorteilhaft?
Danke
Pavel
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Also eine niedrige Ausfallrate (>0) ist für sich genommen natürlich vorteilhaft. Geht man aber davon aus, dass die Kreditnehmer ihr implizites Risiko mit der Risikoprämie - besser Ausfallprämie "bezahlen" ist es für den einzelnen Kredit vordergründig der Bank sogar egal welche Ausfallrate er hat - er hat sie ja bezahlt. Bis hier bewegen wir uns auf Protfoliosicht beim Erwartungswert bzw. EL.
Das Risiko tritt dann ein wenn z.B. 2 Kredite a 100 (PD = 10 %) nicht wie "erwartet" mit 2x 10 ausfallen (was praktisch gar nicht geht). Sondern mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% (10 % x 10 %) beide ausfallen: Dann sind 200 verloren - 180 Risiko. Geht die PD nun gegen 100 %, geht auch der Erwartungswert gegen 200 . Die Wahrscheinlichkeit, dass beide ausfallen geht zwar auch gegen 100 %, aber die Differenz Erwartungswert zu wahrscheinlichem Verlust =Risiko geht auch gegen 0 .
In der Praxis sind in Kreditportfolios aber kaum PD´s nahe 100 % vorhanden. Manche Modelle z.B. CreditRisik+ errechnen hier sogar Verluste, die höher sind als der gesamte Portfolioexporsure.
Gruß
Markus
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Danke sehr, für die Erklärung.
Und wie ist mit der Ausfallvarianz. Ist die niedrigere Ausfallvarianz vorteilhaft für den risikoaversen Kapitalmarktteilnehmer?
Danke
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Eine geringe Ausfallvarianz ist so eine Sache. Vielleicht besser Verlustvarianz
Auf Portfolioebene ist eine geringe Varianz der Verluste positiv (hohe Granularität bzw. Diversifizierung), wobei auch die absolute Höhe vom Investor tragbar sein muss. Das Risiko, dass mehr ausfällt als erwartet, ist bei geringer Varianz ebenfalls gering.
Eine Varianz für einen einzelnen Kreditnehmer zu berechnen ist zwar möglich, aber praktisch wenig sinnvoll, da nur zwei Zustände (Überleben und Ausfall) möglich sind.
Dann gibt es noch eine echte Varianz der Ausfallraten. Das ist das Risiko, dass man sich bei der Ausfallrate selbst "verschätzt" hat. CreditRisk+ simuliert das über eine Ziehung aus einer Gammaverteilung. Einen Artikel zur Ausfallvarianz habe ich angehängt. Ist aber eventuell etwas verwirrend.
Gruß
Markus
Datei-Anhang
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: pdf) [nicht öffentlich]
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Super vielen dank
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